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Warum New Work nicht ohne neue Werte geht

73% der Menschen würden sich nicht bei einem Arbeitgeber bewerben, wenn sie die Werte des Unternehmens nicht teilen. Das zeigt die neue Studie von Glassdoor, einer der weltweit größten Jobplattformen, die mehr als 4.000 Menschen zur Bedeutung von Kultur und Werten befragt hat. 

Dass Themen wie Werteorientierung und Kultur in Unternehmen immer wichtiger werden, deckt sich mit meinen Erfahrungen – ab 2010 habe ich die Crowdfunding-Plattform Startnext mitaufgebaut und in vielen Gesprächen mit Bewerber*innen, Kolleg*innen oder Gründer*innen gemerkt, dass die Themen Werte und Purpose immer öfter auftauchen und diskutiert werden.

Aus meiner Sicht hängt die zunehmende Bedeutung mit folgenden Entwicklungen in unserer Arbeitswelt zusammen:

  • Selbstorganisation: Als Antwort auf die Herausforderungen der aktuellen Arbeitswelt und Entwicklungen wie Digitalisierung und Globalisierung, beschäftigen sich viele Unternehmen mit neuen Organisationsmodellen, die oftmals mit mehr Selbstverantwortung verbunden sind. Das mehr an Freiheit und die kontinuierlichen Veränderungen in der Organisation erfordern dabei ein klares Werte-Fundament, das den Mitarbeiter*innen Orientierung, Halt und Vertrauen gibt.
  • Purpose: Warum und wofür sind wir da? Die Frage nach dem Purpose und gelebten Organisationswerten wird für zukunftsorientierte Unternehmen immer wichtiger, da es nicht mehr nur darum geht, Gewinne zu erzielen, sondern als Unternehmen Sinn zu stiften und eine verantwortungsvolle Rolle in der Gesellschaft einzunehmen. 
  • Sinnorientierung: Die aktuelle Forschung zeigt, dass viele Bewerber*innen vor allem nach Unternehmen suchen, deren Mission, Kultur und Werte sie voll und ganz teilen können. Viele Unternehmen thematisieren daher schon in Einstellungsgesprächen das Thema Werte, da die Motivation und Zufriedenheit von Mitarbeiter*innen steigt, wenn die persönlichen Werte und die Organisationswerte miteinander in Verbindung gebracht werden können. Damit ist auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Mitarbeiter*innen lange im Unternehmen bleiben.
  • Zusammenarbeit in Teams: Die wachsende Komplexität von Themen und Problemstellungen erfordert mehr Kollaboration in interdisziplinären Teams. Ein gegenseitiges Verständnis der persönlichen Werte führt in den Teams zu einer besseren Zusammenarbeit, schnelleren Entscheidungen und weniger Konflikten. Für internationale, standortübergreifende oder remote arbeitende Teams ist das Thema Werte nochmals bedeutsamer, da der persönliche Austausch im Alltag fehlt. 

Warum Werte wichtig sind: Für Motivation und Orientierung

Man kann zwischen persönlichen und Unternehmenswerten unterscheiden: Die persönlichen Werte sind entscheidend für die eigene Motivation, während die Unternehmenswerte oder geteilten Werte für den gemeinsamen Fokus des Teams und die Ausrichtung der Organisation wichtig sind. Aus meiner Erfahrung beschäftigen sich mehr und mehr Organisationen inzwischen mit ihren Werten und kommunizieren diese auch öffentlich, aber die persönlichen oder geteilten Werten sind oftmals noch ein blinder Fleck.

Persönliche Werte und Unternehmenswerte

Da wir uns bei Startnext stärker mit diesem Thema beschäftigen wollten, haben wir schon vor ein paar Jahren angefangen, verschiedene Tools in Bewerbungs- und Personalgesprächen auszuprobieren. Wir haben beispielsweise die Karten Moving Motivators oft eingesetzt, um zu priorisieren, was einen persönlich besonders motiviert und um darüber zu sprechen, welche Veränderungen sich auf die Motivation auswirken würden. Mit dem Kartenset Brand Deck kann man wiederum die Werte einer Organisation oder einer Marke gut reflektieren und Mitarbeiter*innen in den Werteprozess einbinden.

Purpose Cards als Werte-Tool

Insgesamt konnten wir mit den Tools viele wichtige Gespräche anstoßen und haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht - aber ich hatte oft das Gefühl, dass es sich lohnen würde, noch tiefer in das Thema Werte einzutauchen. Aus diesem Grund habe ich zusammen mit meinem guten Freund und Designer Nicolas Greiff Studio Für Morgen gegründet und wir haben begonnen die Purpose Cards zu entwickeln, die in Personalgesprächen, in Coachings oder in Teamworkshops eingesetzt werden können. Die Idee der Purpose Cards ist, dass jeder intuitiv und in kurzer Zeit 20 Wertekarten für sich reflektiert und priorisiert. Ziel des Spiels ist es dabei, drei bis fünf Kernwerte festzulegen, die für einen selbst am wichtigsten sind.

Die Reflexion mit den Karten macht das Unsichtbare sichtbar und ermöglicht auf spielerische Art und Weise, wichtige Gespräche über Werte zu führen. Diese Gespräche helfen uns dabei, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erkennen und Verständnis für unser Gegenüber zu schaffen - was meines Erachtens essenzielle Voraussetzungen sind, um mit den Herausforderungen der neuen Arbeitswelt umgehen zu können.

Der Artikel wurde zuerst bei tbd als Gastartikel von Anna Theil veröffentlicht.